FakeNews! Wie können wir uns schützen?

FakeNews! Wie können wir uns schützen?

Wahre von falschen Nachrichten zu unterscheiden, gehört zu den Kernkompetenzen, die jede Person benötigt, die Medieninhalte konsumiert, egal welchen Alters. Fake News gab es schon immer, aber die neuen Medien eröffnen nicht nur neue Dimensionen, was das Ausmass der Verbreitung von Falschmeldungen angeht, sondern bieten gleichzeitig auch beeindruckende Möglichkeiten für realistisch wirkende Täuschungen.

Dieser Artikel möchte informieren, mit welchen Mitteln Fake News erzeugt und in Umlauf gebracht werden und Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie sich vor falschen Inhalten schützen können.

Doch zunächst einmal, was genau versteht man eigentlich unter dem Begriff Fake News?

Direkt übersetzt bedeutet Fake News falsche Nachrichten. Der Begriff Fake News beinhaltet aber noch weitere Aspekte, die über die blosse Frage hinausgehen, ob eine Nachricht wahr oder falsch ist. Damit wir einen Medieninhalt richtig einordnen können, benötigen wir zusätzliche Informationen. Es ist zum Beispiel essentiell, dass wir die Intention des Autors einschätzen können. Eine falsche oder manipulierte Nachricht, die klar als Satire oder Werbebotschaft erkennbar ist, stellt kein Problem dar. Ein zweiter wichtiger Aspekt, der eine wesentliche Rolle bei unserer Meinungsbildung spielt, ist der Kontext, in den die Information eingebettet ist. Eine absichtlich aus dem Kontext gerissene oder unvollständige Information kann zwar wahr sein, aber trotzdem in unseren Köpfen ein völlig verzerrtes oder falsches Bild eines Sachverhalts erzeugen.

Tatsächlich ist der Ausdruck Fake News zu einem Sammelbegriff geworden, der über falsche, unvollständige Informationen, Nachrichten mit dem Zweck, einer Person oder einem Unternehmen zu schaden vieles beinhaltet. In diesem Artikel wird der Begriff gemäss der Definition des Ethical Journalism Network (EJN) verwendet:

Fake News sind Informationen, die bewusst fabriziert und veröffentlich werden, mit der Absicht, andere zu täuschen und irrezuführen, damit sie Unwahrheiten glauben oder nachprüfbare Fakten anzweifeln. 

Der Begriff Fake News ist nicht auf Textinhalte beschränkt. Technische Neuerungen ermöglichen heute das täuschend echte Fälschen von Fotos, Videos und Ton. So kann man zum Beispiel in einem Video eine Person mit ihrer eigenen Stimme einen frei erfundenen Text sagen lassen.

Was Fake News heute besonders gefährlich macht, ist die enorme Geschwindigkeit, mit der sie sich über soziale Netzwerke und Medien verbreiten. Deshalb kann jeder mit einer kritischen Haltung dazu beitragen, das Problem einzudämmen, indem Falschmeldungen nicht geteilt und weitergeleitet werden. Doch wie kann man einschätzen, ob eine Meldung richtig oder falsch ist? Zunächst einmal ist es wichtig, die Fälschungsmöglichkeiten und Mechanismen zu kennen, mit denen Falschmeldungen in Umlauf gebracht werden.

Geschriebener Text

Tatsächlich spielen soziale Netzwerke wie Whatsapp und Facebook bei der Verbreitung von schriftlichen Fake News und Fake News im Allgemeinen eine zentrale Rolle. Viel geteilte Meldungen rutschen in der Logik der sozialen Netzwerke automatisch nach oben, dabei ist es egal, ob sie wahr oder falsch sind. Unzählige Autoren stellen absichtlich oder unbeabsichtigt falsche Meldungen ins Netz. Brandgefährlich wird es, wenn politische Akteure die sozialen Netzwerke und deren enormen Multiplikatoreffekt nicht nur für seriösen Wahlkampf einsetzen, sondern diese für gezielte Desinformationskampagnen im grossen Stil missbrauchen. In den offiziellen Medien diskutierte Beispiele, bei denen gezielte Falschmeldungen in den Social Media den Wahlausgang möglicherweise entscheidend beeinflusst haben, waren in jüngster Zeit die brasilianischen Präsidentschaftswahlen 2018 und die Wahlen in Indien 2019.

Ein weiteres Problem bei der Bewertung und Einordnung des Wahrheitsgehalts schriftlicher Inhalte sind die inzwischen weit verbreiteten Social Bots, die vorprogrammierte Nachrichten versenden und im Internet nach bestimmten Schlagworten suchen und Nachrichten liken und retweeten, um Meinungen bei Online-Diskussionen zu beeinflussen. Dabei verwenden sie Profile, die vortäuschen, es handle sich um reale Personen. Komplexere Bots imitieren menschliche Kommunikationsmuster, wie zum Beispiel die Zeitspanne, die ein Mensch zum Schreiben benötigt und bauen sogar Tippfehler ein.

 

Tipps und Ratschläge

Was können wir tun, um uns vor solchen Inhalten zu schützen?

Am wichtigsten ist es, jede Nachricht kritisch zu hinterfragen. So sind die Social Bots oft einfach zu erkennen. Wenn Sie Zweifel haben, ob ein Diskussionsteilnehmer eine reale Person ist, stellen Sie ihm kompliziertere Fragen. Einfache Bots arbeiten mit vordefinierten Antworten, die auf bestimmte Hashtags oder Stichwörter reagieren, an komplexeren Diskussionen können sie sich nicht über einen längeren Zeitraum beteiligen. Manche Bots kann man auch entlarven, wenn man sich ihr Freundesnetzwerk genauer ansieht. Oft haben Bots andere Bots oder gefälschte Accounts als Freunde. Machen Sie sich auch Ihre Rolle im Verbreitungsprozess von Nachrichten und die Verantwortung bewusst, die damit einhergeht. Jeder neue Freund, jedes Like und jedes Teilen von Inhalten eines Roboters erhöht dessen Glaubwürdigkeit für andere User.

Folgende Fragen können bei der kritischen Betrachtung einer Nachricht helfen:

  1. Gibt es einen Autor? Hat der Autor noch andere Artikel geschrieben oder ist diese Meldung vielleicht sogar sein allererster Artikel? Hat der Autor ein Freundesnetzwerk? Sind seine Freunde glaubwürdig?
  2. Hat die Nachrichtenseite ein Impressum und Kontaktdaten? Ist der Betreiber klar erkennbar? Welche Nachrichten werden sonst noch auf dieser Seite veröffentlicht?
  3. Werden Quellen genannt? Sind diese Quellen zuverlässig? (Institutionen, Behörden, öffentliche Medien...)
  4. Befindet sich der Artikel nur auf dieser Webseite? Wurde er von einer anderen Webseite kopiert? Findet er sich auch in offiziellen Medien?
  5. Handelt es sich um die ganze Nachricht oder eventuell nur um eine absichtlich irreführende Vorschau?
  6. Was ist die Intention des Texts? Zielt er darauf ab, Ihre Meinung zu beeinflussen? Kritisiert er eine Person oder eine Gruppe von Menschen oder verbreitet er eine Botschaft von Hass, Gewalt oder Diskriminierung?

 

 

Bild- und Videoinhalte

Die technischen Möglichkeiten zum Verändern von Fotos sind nicht nur im professionellen, sondern auch im privaten Bereich vielfältig und der Übergang vom Verbessern zum Verfälschen ist fliessend. Unzählige Apps bieten Möglichkeiten zum Korrigieren von Farbe, Helligkeit, Belichtung, Kontrast usw. Nicht nur in Modemagazinen werden Falten, Pickel und Hautunreinheiten wegretuschiert und Zähne geweisst. Auch für den Privatgebrauch finden sich im Internet zum Beispiel zahlreiche Tutorials, wie man in wenigen Schritten sein Portrait-Bild oder seine Urlaubsfotos aufbessern kann. Dieser weit verbreitete Drang zur „Verschönerung“ der Realität kann zu einer veränderten Wahrnehmung führen.

Fotos können aber nicht nur „verschönert“ werden. Es ist auch problemlos möglich, Bildelemente zu löschen oder hinzuzufügen, um den Inhalt oder die Bedeutung des Bildes zu verändern.

Neben gefälschten Fotos, die verwendet werden, um falsche Nachrichten glaubhaft zu machen, kommt es auch vor, dass im Internet von anderen Usern gestohlene echte Bilder in betrügerischer Absicht verwendet werden, zum Beispiel eine gefälschte Immobilienanzeige, die ein gestohlenes echtes Foto einer Luxusimmobilie abbildet.

Ein falscher Eindruck kann auch entstehen, wenn ein Foto im falschen Kontext gezeigt wird oder wenn bei einem Ereignis alte Bilder eines früheren Ereignisses gezeigt werden.

Ein relativ neues, aber im Hinblick auf Fake News besonders beunruhigendes Phänomen ist das sogenannte Deep Fake. Eine Technik, die derzeit mit rasanter Geschwindigkeit weiterentwickelt wird. Beim Deep Fake einer Person werden möglichst viele Photos, Video- und Tonaufnahmen der Zielperson in eine Software eingelesen, die auf künstlicher Intelligenz basiert. Die Software funktioniert so, dass sie typische Muster bei Bewegungen, Mimik, Gestik und Sprache der Zielperson in unterschiedlichsten Perspektiven identifiziert, auswertet und auf ein Modell überträgt. Mithilfe dieses Modells kann die Person dann glaubhaft imitiert werden. Bereits kurz nach der Wahl von Präsident Trump im Jahr 2016 kursierte ein solches Deep-Fake-Video, in dem Obama eine Erklärung zur Wahl des neuen Präsidenten in den Mund gelegt wurde. Seither hat sich die Technik weiterentwickelt und bei youtube finden sich unzählige zum Teil sehr realistische Deep Fakes.

Besonders problematisch ist diese Technik, wenn sie gezielt zur Verbreitung von Falschinformationen eingesetzt wird, weil hier der Satz „Ich glaube nur das, was ich mit eigenen Augen gesehen und gehört habe“ auf verwirrende Weise ad absurdum geführt wird. Wir müssen uns erst daran gewöhnen, dass es möglich ist, ein Video so realistisch zu fälschen. Die Deep Fake Technologie führt dazu, dass Videos im Internet erheblich an Beweiskraft verlieren. Einerseits ist es möglich, einer Person beliebig Worte in den Mund zu legen. Andererseits kann man bei einem echten Video einfach behaupten, es sei gefälscht.

 

Tipps und Ratschläge

Sich schnell verbessernde Technologien, die sich zur Verbreitung von Fake News missbrauchen lassen, machen es schwer oder fast unmöglich, gut gemachte Fälschungen mit blossem Auge zu erkennen. Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Tools, die sich neben ihrem positiven Nutzen auch zum Erstellen von immer realistischeren Fälschungen missbrauchen lassen, entstehen inzwischen aber auch nach und nach Plattformen und neue Technologien zur Überprüfung der Wahrhaftigkeit von Bild- und Videoinformationen.

Mit der umgekehrten Bildersuche von Google kann man zum Beispiel überprüfen, ob ein Bild ursprünglich von einer anderen Webseite stammt (images.google.com).

 

Sprachinhalt:

Die häufigste Fälschung von Sprachinhalten ist die Montage. In der Tat ist es sehr einfach, Toninformationen zu schneiden, zu reorganisieren oder zu mischen und so die ursprüngliche Aussage zu verfälschen oder sogar ins Gegenteil zu verkehren. Die Montage und Veröffentlichung von Sprachinhalten mit der Absicht, den Inhalt zu fälschen ist strafbar.

Auch bei Sprachinhalten besteht die Möglichkeit der Manipulation, indem die Meldung kontextfremd verwendet wird.

Und schliesslich, wie schon im Zusammenhang mit den Deep-Fake-Videos angeklungen, bieten Programme mit künstlicher Intelligenz heute die Möglichkeit, eine menschliche Stimme täuschend echt zu imitieren. Schon mit wenigen Textsequenzen und einer guten Software können erstaunliche Resultate erzielt werden.

Synthetisierte Stimmen sind auf den Mainstream-Youtube-Kanälen weit verbreitet. Bestimmte Videos werden online produziert und von Google sofort in mehrere Sprachen übersetzt, wobei die Übersetzungen von synthetisierten Stimmen präsentiert werden. Ein Beispiel hierfür ist der Watch-Mojo-Kanal.

 

Tipps und Ratschläge

Bei Sprachinhalten ist es besonders schwierig, echte Tonsequenzen von falschen zu unterscheiden. Aus ethischen Gründen verhalten sich die Unternehmen und Startups, die Produkte im Bereich künstlicher Stimmen entwickeln, sehr diskret im Hinblick auf die Kommerzialisierung. Während künstliche Stimmen es in Zukunft ermöglichen werden, beispielsweise die Welt des Radios oder die Präsentation von Inhalten zu revolutionieren, bleiben Missbräuche möglich. Schützen können Sie sich auch hier vor allem mit einer kritischen Haltung. Wer ist der Autor? Sind die Kommentare in ihrem ursprünglichen Kontext (Datum, Ort, Thema?) Hier kann eine Stichwortsuche in Google helfen. Was ist die Intention des Autors?

Zukünftig könnte auch der Gesetzgeber für mehr Transparenz sorgen. Zum Beispiel mit der Verpflichtung, darauf hinzuweisen, dass es sich um eine synthetisierte Stimme handelt.

 
Was können wir in der Praxis tun?

Zunächst einmal sollte man nicht überreagieren und sich gleichzeitig eine kritische Haltung gegenüber bestimmten Webseiten und Foren zur Gewohnheit machen.

Zweitens können Informationskontrollplattformen hilfreich sein, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Glaubwürdigkeit von Informationen zu überprüfen. Hier gibt es eine Vielzahl interessanter Webseiten und Akteure.

  • Eine kleine Auswahl:
  • Informationen über Gerüchte, Ketten-Mails oder Viren finden Sie auf der Webseite www.hoaxbuster.com.
  • Auf der Seite www.mqr-schweiz.ch finden Sie ein Medienranking, das die Berichterstattungsqualität und die Qualitätswahrnehmung der wichtigsten Schweizer Medien widerspiegelt (Tages- und Onlinezeitungen, Boulevard- und Pendlerzeitungen, Sonntagszeitungen und Magazine sowie Radio- und Fernsehsendungen).
  • Das Plugin TrustedNews des Chrome-Browsers leistet Hilfestellung bei der Überprüfung der Glaubwürdigkeit von Webseiten.

 

 

Abschliessend ist es wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, dass jeder User selbst eine wesentliche Rolle spielt. Werden Sie selber aktiv und hinterfragen Sie zweifelhafte Nachrichten in der Kommentarfunktion. In der Zwischenzeit bieten viele soziale Netzwerke die Möglichkeit, Fake News zu melden. Machen Sie von dieser Meldefunktion Gebrauch und helfen Sie so dabei, falsche Inhalte aus den sozialen Netzen zu verbannen.

Nehmen Sie sich vor dem Teilen eines Links, eines Bildes, Fotos oder Videos 3 Sekunden Zeit. 3 Sekunden, in denen Sie sich fragen, welchen Effekt die massenhafte Verbreitung dieser Information haben könnte. Stellen Sie sich die Frage: „Ist das, was ich lese oder sehe wahr?“ Der geringste Zweifel sollte zu einem Ermittlungsprozess führen. Werden Sie zum Detektiv und vielleicht haben Sie sogar Spass daran, herauszufinden, dass das gleiche Foto schon früher an anderer Stelle in einem anderen Zusammenhang verwendet wurde oder dass ein Artikel völlig falsch datiert ist.