TikTok ist eine Smartphone-App, mit der man auf sehr einfache Art und Weise kurze Videos erstellen kann: Man filmt sich selbst, während man im Playback zu eingängigen Popsongs singt und mit anderen Benutzern interagiert. Auf den ersten Blick nichts Neues. Aber mit seinen 500 Millionen Abonnenten ist TikTok die am häufigsten heruntergeladene Anwendung, noch vor Instagram und Snapchat. Sie hat Stars, Songs und Bands bei Teenagern bekannt gemacht. Aber hinter dieser bezaubernden Kulisse stecken einige Probleme.
TikTok ist eine Video-Sharing- und Media-Plattform, die im September 2016 eingeführt wurde. Der Anstieg der Nutzer ist rasant: Die Plattform kann mittlerweile 500 Millionen monatliche Nutzer und 150 Millionen tägliche Nutzer ausweisen. Ein beeindruckendes Phänomen also.
Mit TikTok können Benutzer Musikclips ansehen, ihre eigenen Clips filmen, bearbeiten und teilen. Der Benutzer wählt einen Song aus und filmt sich selbst beim Singen und Tanzen dazu. Die Anwendung umfasst viele Songtitel in unterschiedlichsten Musikrichtungen. Viele Künstler und Songs wurden durch diese Anwendung bekannt. Darum tummeln sich mittlerweile auch viele Artisten und Prominente auf dieser Plattform.
TikTok ist aus der Übernahme von Musical.ly durch ein Startup entstanden. Die Funktionsweise von Musica.ly wurde mit der einer an die Zielgruppe (10-16-Jährige) angepassten sozialen Plattform ergänzt.
Eine einfache und geniale Grundidee
Man nimmt Videos (15 Sekunden bis zu einer Minute) und filmt sich selbst beim Tanzen und Singen zu dieser Musik. Es wird auch empfohlen, auf die Videos zu reagieren, sie zu teilen und zu kommentieren. Die Videobearbeitungswerkzeuge sind sehr einfach und die angebotenen Effekte ermöglichen es, schnell qualitativ hochwertige Sequenzen zu produzieren. Der Einsatz von Filtern, Masken und Augmented-Reality-Effekten erweitert das Spektrum der Möglichkeiten.
Sozial, spielerisch, lustig, interaktiv und unterhaltsam; die App ist bei Teenagern beliebt. Einige sind berühmt geworden. Es wird viel über Jacob Sartorius, 14, gesprochen, der den Spitznamen "neuer Justin Bieber" trägt. Der Erfolg gibt den Entwicklern recht: Facebook bietet inzwischen eine ähnliche Plattform an.
Eine Welt voller Herausforderungen
TikTok ist nicht nur eine Videoplattform, es ist ein soziales Netzwerk: Nutzer folgen sich gegenseitig, sie chatten und fordern sich gegenseitig heraus (Challenges). Das ist sogar ein sehr wichtiger Teil des sozialen Netzwerks. Regelmässig werden neue Videos oder Herausforderungen publiziert.
Zu den beliebtesten Herausforderungen gehören die "Photopause Challenge" (Einfrieren, wenn während eines Songs ein "Klick" zu hören ist), die "Hide and Seek Challenge" (unerwartetes Verschwinden und Wiedererscheinen auf dem Bildschirm) oder die "Shoe Challenge", die darin besteht, die meisten Kleidungsstücke und Schuhe in 15 Sekunden und im Rhythmus der Musik anzuprobieren.
Ein Werkzeug für Kreativität und Ausdruckskraft junger Menschen
Tanzen und Singen ermöglicht es auch jungen Menschen, sich wie Stars zu fühlen. Die Videos sind teilweise sehr professionell, sehr kreativ, obwohl sie von Jugendlichen daheim in ihren Räumen gemacht wurden.
Je mehr ein Video "geliebt", geteilt und kommentiert wird, desto mehr steigt es im Stream auf und ist somit sichtbar. Wie jedes gute, selbstbewusste soziale Netzwerk verwendet TikTok Algorithmen, die es ermöglichen, die beliebtesten Videos und andere sichtbare Inhalte an unseren Geschmack anzupassen.
Aber, wo liegt nun das Problem?
Auch wenn dieses soziale Netzwerk bisher recht attraktiv erscheint, so gilt es doch, einige Sachen im Auge zu behalten. Alle erstellten Videos werden an alle Benutzer verteilt, so dass sie für die 500 Millionen Abonnenten potenziell sichtbar sind. Auf der Suche nach Wert und Identität sehen Teenager das nicht unbedingt als Problem.
Die App darf die von den Jugendlichen erstellten Videos für Werbung benutzen, ohne zu fragen. Sie greift auf verschiedenste Daten des Smartphones zu: Aufenthaltsort, IMEI, Sim-Kartennummer und die Telefonkontakte. Sie kann sogar auf deine SMS, Fotos, auf die Kamera und das Mikrophon zugreifen.
Ein weiteres Problem ist die Hypersexualisierung junger Mädchen. Tausende von Profilen von Minderjährigen sind verfügbar. Je mehr auf äussere Reize gesetzt wird (kurze Kleidung, schmachtende Bewegung, Make-up, Haare und suggestive Choreographie), umso erfolgreicher sind die Profile und Videos und haben damit mehr Anhänger.
Und so kann die Suche nach Ruhm, Beliebtheit und Erfolg zu vielen riskanten Verhaltensweisen führen.
Das muss beachtet werden
- Die Altersgrenze für dieses soziale Netzwerk ist 13 Jahre, wie bei den meisten sozialen Netzwerken. Viele jüngere Nutzer umgehen die Regelung. Sie können mit anstössigen oder unangemessenen Inhalten konfrontiert werden.
- Das soziale Netzwerk schützt derzeit keine personenbezogenen Daten. Die auf TikTok veröffentlichten Daten sind für alle Mitglieder des sozialen Netzwerks oder auch für andere Personen ausserhalb des Netzwerks zugänglich. Sozusagen jeder kann die produzierten Videos sehen.
- Durch die Erstellung eines Profils ist es möglich, mit jedem im Netzwerk zu interagieren. Wie bei vielen sozialen Netzwerken mit Minderjährigen tummeln sich auch auf TikTok zwielichtige Personen.
- Der Inhalt der Videos kann schockierend oder beunruhigend sein, oft findet man aber auch in den Kommentaren Inhalte, die problematisch sein können.
- Gerade die Profile von sehr kleinen Kindern oder hypersexualisierten Minderjährigen gehören zu den Erfolgreichsten. Dies kann als (schlechtes) Beispiel für andere Nutzer dienen.
- Die Einstellungen können teilweise modifiziert werden. So ist es möglich, die Videos nur im privaten Modus zu veröffentlichen.
- Zur Erinnerung: Das ICT-VS-Zentrum verfügt über eine Übersichtstabelle der wichtigsten sozialen Netzwerke mit ihrem jeweiligen Mindestalter. Dieses PDF-Dokument finden Sie hier