Metavers: Chancen und Risiken

Metavers: Chancen und Risiken

Im Jahr 2021 kündigte Mark Zuckerberg, der Gründer von Facebook, die Einführung und Verbreitung des Metavers an, welches schon bald die traditionellen sozialen Netzwerke ersetzen soll. Was ist Metavers und was sind seine Möglichkeiten?

 

Zwei Definitionen: 

 

Meta

In der Welt des Internets gibt es die sogenannten GAFAM, die für Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft stehen. Wir haben hier einen Artikel über die vielen Dienste und Tochterunternehmen, die diese Großkonzerne besitzen, publiziert. Seit einigen Monaten müsste dieses Akronym geändert werden, denn Google nennt sich nun Alphabet und Facebook wurde in Meta umbenannt. (Die GAFAMs sollten sich also AMAMA nennen). Meta ist also der neue Name der Unternehmensgruppe, die sich im Besitz von Facebook befindet. Die Vorsilbe steht für "jenseits", "durch" oder "hindurch". 
Aber Vorsicht: Facebook gibt es immer noch, es bleibt der Name des sozialen Netzwerks inmitten einer beeindruckenden Menge anderer Unternehmen und Dienste.

Metavers 

Eine Wortkreation aus Meta- und Univers. Es handelt sich demnach um diese neue Möglichkeit, die uns das ehemalige Facebook bietet, in eine Art komplett virtuelle Parallelwelt einzutauchen.

Vermischung von Realität und Virtualität: Eine nicht ganz neue Idee

Metaverse stellt sich also als eine virtuelle Welt dar. Unter einer virtuellen Welt versteht man einen computergenerierten Raum, der persistent ist (d. h. der aus sich selbst heraus existiert und sich weiterentwickelt, auch wenn sich die Nutzer ausloggen) und in dem Aktivitäten, Interaktionsmöglichkeiten und Dienstleistungen angeboten werden. Um Teil dieser virtuellen Welt zu werden, muss man sich registrieren und einen Avatar erstellen (eine Figur, die man auswählt und die unser Vertreter in dieser Welt ist). Man kann auch mit einer virtuellen Währung einkaufen, die in die Landeswährung konvertierbar ist (oder auch nicht).

Je nach virtueller Welt werden die angebotenen Güter und Dienstleistungen nur virtuell (wie der Kauf von Kleidung und Accessoires für den eigenen Avatar), nur real (wie das Hören von Musik realer Künstler oder das Entdecken einer neuen realen Automodellreihe in einem virtuellen Geschäft) oder gemischt (wie der Erwerb von Fähigkeiten, die sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt nützlich sind, wie Schulungen oder kulturelle Veranstaltungen) angeboten.

Aber das Metavers von Meta ist bei weitem keine Neuheit!

Es gibt eine Reihe von Videospielen vom Typ MMORPG (Multiplayer Online Game) wie World of Warcraft oder EverQuest, die mit virtuellen Welten arbeiten. In deren Communitys treffen sich Charaktere mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die gemeinsam spielen und die die Stärke der Gemeinschaft ausmachen. Wenn ein Mitglied der Gemeinschaft fehlt, wird die gesamte Gemeinschaft geschwächt oder in ihrem Fortschritt im Spiel verlangsamt. Es ist daher relativ leicht zu verstehen, dass es für einen Spieler unvorstellbar ist, seine Spielzeit zu berechnen. Er muss mit der Anzahl der erledigten Missionen oder der zu erreichenden Ziele kalkulieren, vor allem wenn seine Abwesenheit die Gruppe schwächt. Die Regeln für die Nutzung von Bildschirmen zu Hause werden dadurch manchmal über den Haufen geworfen ...

Neben solchen Spielergemeinschaften gab es in den 2000er und 2010er Jahren auch virtuelle Welten wie Second Life (2003 bis 2020) oder Active Worlds (1995 bis 2006). In diesen Räumen war es möglich, sich zu bewegen, Orte zu besuchen, einer bezahlten Tätigkeit nachzugehen, mit anderen Mitgliedern zu interagieren oder verschiedene Aktivitäten zu unternehmen. Und das war schon damals sehr vielfältig! Als Beispiel kann man in Second Life die Nachbildung einer Kantonalbank nennen, in der man Kunden empfangen und über die Dienstleistungen sprechen konnte, ein Konzert der Sängerin Sinead O'Connor in einem virtuellen Konzertsaal oder Kurse, in denen man lernen konnte, Kurzfilme zu drehen. All diese Initiativen fanden also in dieser virtuellen Welt zwischen realen Personen statt, die ihren Avatar zur Interaktion nutzten.

Heute hat sich ein Metaverse bei Jugendlichen fest etabliert, nämlich das Spiel Fortnite. Es bietet nicht nur Spiele mit anderen realen Spielern, sondern auch Zugang zu Zubehör für den eigenen Avatar sowie die Möglichkeit, exklusive Inhalte zu nutzen. Als Beispiel sei hier das Fortnite-Konzert des Künstlers Travis Scott in einem geschlossenen Raum genannt.

Die Auflistung all dieser Optionen soll zeigen, dass die Möglichkeiten, die Meta bieten wird, wahrscheinlich noch wesentlich vielfältiger sein werden, wenn man bedenkt, was vor mehr als zehn Jahren schon möglich war. Dies gilt umso mehr, da man mittlerweile mit VR-Brillen in die Spiele einsteigt, die das Erlebnis noch immersiver machen.  Nebenbei: das führende Unternehmen für den Verkauf von VR-Brillen ist  im Besitz von  - Meta natürlich. Die Idee aber, ein soziales Netzwerk mit einer virtuellen Welt zu verknüpfen, ist definitiv neu und bietet viele Möglichkeiten

Was bietet uns das Metavers?

Wie die vorherigen virtuellen Welten wird auch das Metavers die Möglichkeit bieten, seinen Avatar, sein "digitales Ich" zu benutzen, um sich in diesem dreidimensionalen Universum zu bewegen und mit anderen Nutzern zu interagieren.

Es wird möglich sein, Finanztransaktionen im NFT-Stil durchzuführen (d. h. mit Geld, das von den Nutzern eingezahlt und nicht vom Entwickler geschaffen wird. Zum Vergleich: das wäre wie Monopoly mit seinem eigenen Geld zu spielen und nicht mit den im Spiel enthaltenen Scheinen). Es wird sich um eine lokale Währung handeln, die in BitCoins konvertierbar ist.

Mit dem Geld werden virtuelle Güter wie Outfits für den eigenen Avatar, Grundstücke, Gebäude, Accessoires, aber auch Dienstleistungen wie Schulungen oder Zugang zu privaten Veranstaltungen gekauft.

Diese dreidimensionale Welt wird es also ermöglichen, seine Gesprächspartner über seinen Avatar "physisch" treffen, Handel zu betreiben und vollständig in diese Welt eintauchen. 

Es wird möglich sein, mit anderen direkt zu sprechen, was beispielsweise bei vernetzten Videospielen schon exisitert. Diese Funktion könnte natürlich auch für Arbeitstreffen oder Diskussionen zwischen physisch weit entfernten Personen genutzt werden, die sich dabei virtuell im selben Raum befinden. Der immersive Aspekt wird dadurch verstärkt, dass unser Avatar beim Sprechen die Lippen im gleichen Rhythmus bewegt.

Man wird allein oder in Gruppen an Aktivitäten teilnehmen und durch das Anbieten von Inhalten Geld verdienen können.

Metavers dient vor allem der Unterhaltung. Das Interesse bei Unternehmen ist gross. Wie zu Zeiten von Second Life kündigen sich bereits große Marken wie BMW, Gucci oder Microsoft an. Im Dezember letzten Jahres wurde ein Stück virtuelles Land für 4.2 Millionen Dollar verkauft (Link).

Das zunehmende Problem im Internet ist dasselbe wie bei allen anderen Plattformen auch: Wie kann man das Verhalten und die Äusserungen der Nutzer moderieren? Es gibt zwar Moderatoren, die technisch in der Lage sind, Avatare zu löschen, die wenig Respekt vor anderen zeigen. Aber man kann leicht verstehen, dass es angesichts der immer größer werdenden Nutzerzahl und der vielen Funktionen, die dem Nutzer zur Verfügung stehen, unmöglich ist, alles zu verwalten. Und technische Massnahmen (Filter, Bots) sind einfach zu umgehen. 

Diese Anwendungen gibt es bereits im Metavers  

Das Metavers besteht aus verschiedenen Anwendungen und Orten, mit eigenen Funktionen und Aktivitäten.  

Horizon Word (Beta)

Die Basisanwendung von Meta. Hier kann man sich frei bewegen, Land erwerben, seinen Raum bauen, mit anderen Nutzern diskutieren und interagieren oder auch einer Tätigkeit nachgehen. Es ist eine Art zentraler Punkt, ähnlich wie ein öffentlicher Raum.

BigScreen

Der Kinoraum in der virtuellen Welt Man kann gemeinsam Filme, Fussballspiele, Dokus ansehen und miteinander sprechen und interagieren. Man wählt einen Raum nach dem dort gezeigten Inhalt aus, setzt sich mit Freunden oder Fremden hin und schaut sich Inhalte an, es gibt sogar virtuelles Popcorn und Tomaten zum Werfen. Die Idee ist interessant und ermöglicht es, eine gute Zeit mit Freunden zu verbringen, sogar am anderen Ende der Welt, da man sich gleichzeitig einloggen kann.
Andererseits kann jeder einen Kinosaal einrichten und eigene Inhalte streamen.

Horizon Venues
Dieser Ort ist eine Art Eingangsbereich mit Türen, die den Zugang zu verschiedenen Veranstaltungen ermöglichen. Es gibt Konzerte, DJ-Sets oder auch Sportveranstaltungen, von denen einige kostenpflichtig sind (unter 5 Franken). Hier waren schon bekannte Künstler wie Billie Eilish, die Foo Fighters oder Snoop Dog zu sehen. Du machst einen Ausflug in die Raumstation ISS oder bist in einer Diskussion mit dem Dalai Lama. 

Horizon WorkRooms
Die Plattform für das Home Office. Man kann sich ein virtuelles Büro einrichten und an einem Tisch sitzen, während man sich unterhält. Man hält Konferenzen ab oder arbeitet gemeinsam an Dokumenten.

Was muss in Bezug auf die Prävention beachtet werden?

  • Zunächst einmal stellt sich natürlich  die Frage nach der Bildschirmzeit. Dies gilt umso mehr, als es hier möglich ist, klare Gründe für das Kommen zu haben oder - wie im Spiel GTA - ziellos herumzulaufen und zu interagieren, was sehr zeitaufwendig ist.
  • Mit der internen Währung des Metaversums stellt sich die Frage nach der Gefahr von Mikrotransaktionen. Wie in Videospielen geht es wieder um die Frage, ob man Teil einer Gruppe ist und welche Accessoires helfen, Teil der Gruppe zu sein. Hier finden wir den gleichen Mechanismus wie bei der Mode im wirklichen Leben.
  • Dann ist es klar, dass diese virtuelle Welt nach und nach von Marken und Werbung aller Art erobert wird. Das eröffnet neue Möglichkeiten: Stellen Sie sich vor, eine Automarke könnte Ihnen eine virtuelle Probefahrt anbieten, um Ihnen beim Kauf eines echten Fahrzeugs zu helfen. Es wird möglich sein, virtuelle Turnschuhe zu kaufen, die Sie Ihrem Avatar anziehen können, was Ihre Kaufentscheidung in der realen Welt ebenfalls beeinflussen kann.  
  • Derzeit sind weder Facebook noch Instagram in der Lage, die Inhalte, die auf ihren Plattformen veröffentlicht werden, zu 100 % zu moderieren. In diese virtuelle Welt eingetaucht, scheint der Kontakt mit anstößigen, unangemessenen oder illegalen Inhalten wesentlich gefährlicher zu sein.
  • Der Kontakt mit fremden Personen in einer virtuellen Umgebung bietet sowohl Chancen wie auch Risiken: Sexuelle Anmache, Belästigung, Beleidigung, können Teil der (virtuellen) Realität werden. 

Alles in allem ist das Metaversum nicht gefährlicher als andere Werkzeuge für digitale Beziehungen. Der einzige Unterschied ist die immersive Seite, die die Erfahrung sicherlich intensivieren wird.

In diesem Sinne sind eine Begleitung der Schüler über ihre Zeit vor den Bildschirmen, das Vorhandensein unerwünschter Werbung, das auf der Plattform ausgegebene Geld, die Begriffe Beleidigung und Beschimpfung auf strafrechtlicher Ebene oder Mobbing viele Themen, die mithilfe von Metavers angesprochen werden können.

 

Weitere Informationen

Einsatz im Untericht